Moin liebe Leser:innen,
vorab muss ich euch vorwarnen, dieser Beitrag enthält Spuren von Ironie und Sarkasmus. Sollte jemand dagegen allergisch sein, so befragt euren Arzt oder Apotheker, oder klickt jetzt weiter.
Nachdem die letzten Tage hinreichend über den Winterdienst geschimpft wurde, dürfte nun jeder verstanden haben, es ist Winter. Somit sehen wir uns wieder mit einer altbekannten Frage und einem Problem konfrontiert.
Das Problem: „deutsche Absicherungs-Wohlfühlgedanke“ aka „Irgendwer anders wird sich schon kümmern.“
Der prägende Grundgedanke der christlichen Nächstenliebe und gegenseitiger Führsorge, der egal ob religiös erzogen oder nicht, ein Teil unseres Wertesystems ist wurde durch die „Ellenbogengesellschaft“ spürbar verwässert. Heutzutage heißt es nicht mehr: „Komm ich helfe dir“, sondern „Warum brauchst du so lange?“ Es hat eine fordernde Anspruchshaltung Einzug gehalten, wovon die sozialen Medien erheblich betroffen sind. Dies zeigte sich zuletzt in der Diskussion über den Winterräumdienst. Wir sind bequem geworden, denn ein anderer wird’s schon richten.
Dies führt mich nun zu der angesprochenen Frage: „Wann gibt die Feuerwehr endlich die Seen frei?“ Ja wir haben Winter, ja es ist jetzt ca. 10 Tage am Stück kalt und dennoch ist es schön draußen. Jeder hat bedarf daran, aus den Corona Einschränkungen auszubrechen und etwas Normalität zu genießen. Was wäre passender, als eine Runde über einen zugefrorenen See zu drehen? Hier bei treten nun drei Personengruppen auf. Die ersten die leichtsinnig, alle Risiken ignorieren auf die Seen gehen und Spaß haben, zumindest so lange bis sie einbrechen. Die zweiten, die gern Spaß haben wollen, aber eben auch auf Nummer sicher gehen müssen. Also die, die die Frage stellen: „Wann darf ich Schlittschuh laufen und wieso hat es mir noch keiner erlaubt.“ Und die dritten, die Kopfschüttelnd den Finger hebend: „Das ist Gefährlich“ rufen. Persönlich finde ich mich in jeder dieser Gruppen wieder und verurteile somit keinen. Dennoch muss ich hiermit ein paar Dinge klarstellen.
1.: Die Feuerwehr ist kein leistungsorientierter Servicebetrieb, der auf Kundenzufriedenheit angewiesen ist. Immerhin machen wir das frei und willig.
2.: Die Feuerwehr ist nicht für das Freigeben etwaiger Gewässer zuständig und selbst wenn, würden wir dies nicht tun, denn aus einer solchen Freigabe erwachsen auch Haftungs- und Schadensersatzansprüche.
3.: Warum wird eine solche Freigabe nicht erteilt?
Unsere Seen und Gewässer sind gekennzeichnet von schwierigen Strömungsverhältnissen, diese erschweren auf vielfältige Art eine durchgehende und tragfähige Eisbildung. Somit ist die Belastbarkeitsgrenze nicht bestimmbar. Eine Freigabe könnte, wenn also nur temporär und nur nach intensiver Beprobung erfolgen.
4.: Aber andere Feuerwehren geben frei!
Wirklich? Nun ja, wir springen aber auch nicht von der Brücke.
5.: Wenn Ihr nicht warnt, ist es doch ok.
Nein, wir warnen schon seit Jahren nicht mehr vor dem Betreten der Eisflächen. Denn zum einen können wir nicht sicherstellen, ob diese Warnung auch verstanden wurde, bzw. ob sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurde. Zum anderen sollte sich jeder Mensch grundsätzlich bewusst sein, dass er sich beim Betreten einer Eisfläche grundsätzlich in Lebensgefahr begibt.
6.: Was passiert, wenn ich doch mal einbreche?
Nun dann hoffen wir, dass sich die Beute gelohnt hat und man einen wirklich guten Anwalt kennt.
Sollte man bei dem Einbruch, dummerweise in kaltes Wasser gefallen sein, tja dann habt ihr ein gewaltiges Problem, also so ein richtiges Jack Dawson Problem. Bei Wassertemperaturen um den Gefrierpunkt liegt die durchschnittliche Überlebenschance bei 15 Minuten*. Je nach Lokalität des „Badevergnügens“ ist es möglich, dass unsere Anfahrt länger dauert. Wenn man also den Nervenkitzel sucht, wäre Russisch Roulette die passendere Alternative.
7.: Wie kann ich das Risiko minimieren?
Am besten gar nicht erst auf das Eis gehen. Es gibt gewerbliche Alternativen, wo man Schlittschuh laufen kann. Grundsätzlich sollte man nie allein auf das Eis gehen, es sollte sich immer jemand am Ufer befinden. Verlasst bei Knack- oder Knirschgeräuschen das Gewässer, mehr Vorwarnungen werdet ihr vor dem Einbrechen nicht erhalten. Verzichtet auf Hüpfen und Springen, um die Belastbarkeit des Eises zu testen. Passt gegenseitig auf euch auf, insbesondere auf Kinder.
Haltet eigenes Rettungsmaterial (Seile, Stangen o.ä.) bereit. Wenn jemand einbrechen sollte, ist unverzügliche Hilfe erforderlich.
Bewegt euch anschließend nur noch liegend auf dem Eis, dies verteilt euer Gewicht besser.
Geht Rodeln.
Wer weiterhin nicht genug abgeschreckt ist, dem empfehle ich die fortgeschrittenen Lektüre:
Die Phasen des Erfrierens.
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* Die Überlebenszeiten hängen erheblich von den Umständen ab.